Dunkle Materie

Die dunkle Materie ist im Bereich der Kosmologie und der ART angesiedelt. Ihren Ursprung hat diese Vermutung in zwei Beobachtungen: Erstens in  der Feststellung dass sich kosmologische Modelle des Universums  (Friedmann-Lemaitre-Modelle) am besten mit der Beobachtung in  Übereinstimmung bringen lassen, wenn man bestimmte Massenverhältnisse  von normaler Materie, dunkler Materie und dunkler Energie annimmt.

Und Zweitens, noch deutlicher erkennbar, in den Rotationskurven der  Galaxien. Denn bei der gemessenen sichtbaren Dichte und  Drehgeschwindigkeit von Galaxien müssten diese regelmäßig aufgrund der Fliehkräfte auseinander fliegen. Da sie aber im Gegenteil von  außerordentlicher Stabilität sind, muss man unsichtbare, also dunkle,  Materie als zusätzliche Masse annehmen die diese Gebilde mit ihrer Gravitationskraft zusammenhalten.

(Bild: NASA Dunkle Materie Verteilung nach Rückrechnung aus Hubbledaten "The distribution of mass in the Hubble Space Telescope COSMOS survey, determined from measurements of weak gravitational lensing. The field of view covers about nine times the size of the full moon, and the third dimension stretches from redshift z=0 to z=1. The figure shows one isosurface of the gravitational potential.", Attribution: NASA/ESA/Richard Massey.)

Diese Beobachtungen zeigen sogar, dass es deutlich mehr dunkle als sichtbare normale Materie geben muss; im Kosmos gerechnet vielleicht  zehn mal so viel. Schlimmer noch, diese darf auch nur gravitativ, aber  sonst nicht, schon gar nicht elektromagnetisch, wechselwirken. Kurz um, diese dunkle Materie ist ein ziemlich geisterhaftes Phänomen, schwer soll sie sein aber spüren darf sie keiner, obgleich sie doch viel mehr als übliche Materie anwesend sein sollte. Das erinnert stark an den  Äther um 1900, auch der sollte überall sein, Niemanden an der Bewegung hindern, aber mechanisch trotzdem so hart sein, dass selbst Kruppstahl dagegen wie warme Butter gewesen wäre.

Der israelische Physiker Milgrom schlug daher vor, dass statt dessen vielleicht an der Gravitationstheorie ein geringfügiger Fehler vorliege. Dabei sollte lediglich der Grenzwert der Gravitationskraft für große Entfernungen statt gegen Null nur gegen einen sehr kleinen Grenzwert a0=1.2*10-12 m/sec2, ungefähr proportional der  Hubblekonstante c*H0, gehen. Die Hubblekonstante ist ein Wert der von der Grösse und Schwere des Universums abhängt. Diese Hypothese nannte er MOND (Modified Newtonian Dynamics). Damit lassen sich nun tatsächlich die beobachteten Rotationskurven der Galaxien mit hoher Genauigkeit  berechnen. Das hat aber einen elementaren Haken: Wichtige Konsistenzsätze der Physik gehen mit dieser kleinen Änderung aus dem Leim!

Da scheint es schon besser zu sein, sich auf die seltsame dunkle  Materie einzulassen. Diese glaubte man auch schon in diversen Beobachtungen und Berechnungen nachweisen zu können. Aber auch das hat  seinen Haken: Die in solchen Beobachtungen letztlich aufsummierten Effekte von gravitativen Beugungs- und Laufzeiteffekten der DM sind von solchen der MOND-Hypothese nicht absolut sicher zu unterscheiden. Nichts geht also an einem direktem Nachweis solcher Geisterteilchen vorbei. Auch hier könnte der LHC in Genf weiterhelfen: Nichts wäre schöner, als wenn als Nebenprodukt von Hochenergiekollisionen solche seltsamen dunklen Teilchen nachweisbar würden.

Bleiben sie jedoch auch in Zukunft einem Nachweis fern, so wird man sich fragen müssen, ob eine konsistente Modifikation der Gravitation auf intergalaktischer Skala möglich ist? Ergo neue Physik. Wie das  mathematisch funktionieren soll ist allerdings genauso geisterhaft wie die Teilchen der DM.

Auch hier bleibt es also spannend.

 

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