XI - Kriegsjahr 16 n.Chr.

Entsprechend aufwendig wurde der 16er Feldzug angelegt, alles oder nichts war die Devise, auch da Tiberius längst schon Germanicus unter Druck setzte, den sinnlos erscheinenden und teuren Krieg zu beenden. Insbesondere Gallien war als Rohstofflieferant für den Krieg schon ziemlich am Ende, es gab kaum noch ein Pferd, das nicht requiriert war.

Für die 16er Kampagne lies Germanicus nun 1000 Schiffe zimmern, für die sicherlich riesige linksrheinische Waldbestände abgeholzt wurden und jede noch verfügbare Holzsorte gerade noch gut genug war. Mit diesen Schiffen konnte die rund  70.000 Mann starke Invasionsarmee über Rhein und Küste in die Norddeutsche Tiefebene verschifft werden. Man kann sich das einprägsame Bild gut vorstellen, tausend römische Kriegs- und Transportboote auf einem relativ schmalen norddeutschen Fluss, selbst auf der Weser gibt dies ein Bild ab, als könne man den Fluss auf weiter Strecke trockenen Fußes überqueren indem man nur über die Bootsplanken liefe.

Nun, der Angriff begann mit einem Entlastungsfeldzug durch die Wetterau gegen die Chatten, um diesen ebenso starken Stamm an einem Eingreifen im Norden zugunsten der Cherusker zu hindern. Während dessen fuhr Germanicus in die Ems oder Weser ein. Tacitus beschreibt diesen Feldzug allerdings sehr widersprüchlich und schwer verständlich, er beschreibt die Einfahrt in die Ems (Amisia), aus dem weiteren folgt aber dass dies kaum stimmen kann, wo doch der Rest des Dramas an der Weser (Visurgis) stattfindet. Eine Fahrt über die Ems hätte da nicht viel genutzt, wahrscheinlich hat er an diesem Punkt amisia und visurgis verwechselt. Erst dann wird die Beschreibung durch Tacitus einigermaßen schlüssig.

Nun also kommt es endlich zur Entscheidungsschlacht. Die Truppen des Germanicus treffen im Sommer an der Weser ein. Man steht sich gegenüber, die germanischen Verbände unter der Führung des Arminius stehen auf dem rechten Weserufer, vermutlich spielt sich diese erste Begegnung des Jahres 16 bei Minden nahe der Porta Westfalica statt. Überliefert wird uns hier ein Streitgespräch zwischen Arminius auf der rechten und seinem Bruder in römischen Diensten, Flavus, auf der linken Seite der Weser. Man streitet sich über die Weser hinweg und gerät sich dermaßen in die Haare, dass man die beiden davon abhalten muss direkt aufeinander loszugehen.

Arminius bietet schließlich die Schlacht an, aber Germanicus hat noch etwas anderes vor, er schickt lediglich die schnelle Kavallerie über die Weser, es kommt zur Schlacht am Weserübergang. Die schnelle Schlag schafft Respekt, aber er geht für die Römer nicht so gut aus, denn der wichtige batavische Reiterführer Chariovalda fällt im Kampf. Kurze Zeit später kommt es zu der Entscheidungsschlacht. Man rückt vermutlich in einer Zangenbewegung auf den Kernbereich des cheruskischen Gebietes um Hildesheim vor, Tacitus berichtet uns, dass die Cherusker schon die Flucht über die Elbe vorbereiten. Aber es kommt anders. Wieder erwarten schafft es Arminius zunächst in der Ebene von Idistaviso, wo er bereits verwundet ist und ihm nur durch die Untreue einiger römischer Hilfstruppen die Flucht gelingt, als auch kurz darauf bei der Schlacht am Angrivarierwall, die römischen Verbände zum stehen zu bringen.

Vor der Schlacht beschreibt uns Tacitus den Versuch des Arminius die römischen Soldaten per Bestechung zum Überlaufen zu bringen. Neben Land und Frau lobt er 100 Sesterzen pro Mann und Tag des Krieges aus. Allein letzteres hätte ihm im Erfolgsfall Millionen Denare kosten können. Handelt es sich um eine Dramatisierung des Tacitus oder hatte Arminius das Geld wirklich in der Hinterhand? Anzunehmen ist das uns Tacitus hiermit auf einen enormen Schatz des Arminius, der aus der umfangreichen Varusbeute stammte, aufmerksam machen wollte.

Nun, Germanicus hat am Herbstbeginn 16 sein Ziel also nicht erreicht, auf beiden Seiten hat es Verluste gegeben, aber mehr als ein Unentschieden ist nicht dabei herausgekommen. Aber es kommt noch schlimmer, zum Überwintern fehlt jede Logistik und er muss schnell zurück in die Winterquartiere an den Rhein. Also fährt er wieder die Weser abwärts und die Nordseeküste entlang zurück zum Rhein. Mit dem ungeordneten Rückzug gerät er in die ersten Herbststürme und ein Orkan im Wechselspiel mit den gewaltigen Gezeiten des Wattenmeeres vernichtet seine komplette Flotte. Viele Legionäre ertrinken und das Kriegsmaterial ist dahin, die meisten können sich so wie Germanicus über den Landweg durch halbwegs befreundetes Gebiet an den unteren Rhein retten.

Anfang 17 wird er in einem letzten verzweifelten Versuch noch einmal ansetzen, die Rheinlegionen für einen weiteren Kampf neu zu motivieren, aber er scheitert schon im Ansatz mit seinen Bestechungsversuchen.

Der römisch-germanische Krieg ist vorbei.

In der Entscheidungsschlacht bei Idistaviso standen sich zwei Heere gegenüber, die zusammen an die 150.000 Mann stellten, eine Schlacht die personell deutlich größer als die Varusschlacht war. Die Verluste dürften dabei jedoch vergleichsweise sehr begrenzt gewesen sein, denn schon im nächsten Jahr wird Arminius gegen den ebenso starken Marbod erfolgreich ins Feld ziehen. Rätselhaft bis heute der genaue Ort dieser Entscheidung, sicherlich östlich der Weser. Idistaviso könnte Weserwiesen heißen, oder auch dem Ith aviso, also im Angesicht des Gebirgszug des Ith. Sowohl für den Angrivarierwall als für Idistaviso wurden in der Vergangenheit verschiedene Orte vorgeschlagen die bis heute aber fundarm geblieben sind.

Porta Westfalica: Durch diese hohle Gasse mussten sie kommen. Blickrichtung von Süden nach Norden. Der Ort direkt an der Porta links ist Minden-Barkhausen.

 

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