XIII - Arminius und sein Tod
Für Arminius ging die Sache zunächst besser aus. Nach dem er faktisch die Römer besiegt hatte, schließlich hatte er seine Kriegsziele erreicht, Germanicus nicht, kam es zur Konfrontation mit Marbod. Marbod hatte sich gegenüber den streitenden Parteien bislang neutral verhalten, vermutlich in der Hoffnung das die Römer seinen Konkurrenten Arminius schon ausschalten würden.
Nun war es gerade andersherum gekommen. Marbod hat den ersten germanischen Staat nach römischem Muster gebildet, auch seine Armee die bis zu 70.000 Mann auf die Beine stellen konnte. Zu seinen Verbündeten zählte er auch die Stämme, die vorwiegend an der Ostseite der Elbe lebten, Langobarden, Semnonen, Wandalen und die Hermunduren, die Nachbarn der Cherusker.
Als es in 17 dann zur Entscheidungsschlacht mit Marbod kam, vermutlich in der Gegend südlich von Dresden, veränderten sich die Koalitionen aber schlagartig und nachhaltig. Der Onkel des Arminius, Inguiomerus, lief zu Marbod über weil er eine weitere Machtzunahme des Arminius verhindern wollte; Arminius im Gegenzug konnte die mit Marbod verbündeten mittelelbischen Stämme dagegen auf seine Seite ziehen; möglicherweise hat er bei diesen Entscheidungen mit Zahlungen aus dem Varusschatz nachgeholfen. In der fälligen Feldschlacht nach römischem Muster jedenfalls siegte Arminius und Marbod musste sich wieder nach Böhmen/Mähren zurückziehen.
Durch diese Niederlage war Marbod offensichtlich schwer angeschlagen, zumindest was seine Reputation als König der Markomannen anging. Auf Roms Hilfe konnte er nicht hoffen, die hatte er angefordert, aber war negativ beschieden worden: Schließlich hatte er Rom gegen Arminius auch nicht geholfen und jetzt solle er gefälligst schauen, wie er selbst mit dem Problem fertig würde.
Zunächst aber wurde Arminius mit Marbod fertig: etwa in 19 wurde Marbod durch den Gotonen Katuwalda gestürzt, der im gleichen Jahr noch durch den Hermunduren Wibilo ersetzt wurde. Offensichtlich hatte Arminius es geschafft seinen Konkurrenten Marbod durch einen ihm freundlich verbündeten Fürsten der mittelelbischen Stämme zu ersetzen.
Was nun weiter geschah, lässt sich nur vermuten: Etwa in 19 beherrschte Arminius nun also etwa das heutige Mitteldeutschland und hatte einen Vasallenkönig in Böhmen/Mähren installiert, welches direkt an Pannonien (Ungarn) grenzte, welches wiederum eine für Rom neuralgische östliche Eingangspforte in die norditalische Tiefebene, unweit nördlich von Ravenna, eröffnete. Nun lag der für ihn so schmerzliche Raub seiner Familie nur vier Jahre zurück, seinen Sohn hatte er noch nie gesehen, wir können uns leicht denken, was da in ihm vorging. Germanicus, genauso jung und verwegen wie er Arminius selbst, hatte damals durch einen tiefen und unerwarteten Vorstoß auf das von Arminius beherrschte Gebiet die Beiden entführt.
Warum sollte er nicht das gleiche jetzt auch versuchen und sich seine Familie zurückholen? Auf markomannischem Gebiet durfte er sich ja nun sicher fühlen, von der Südgrenze Mährens aus lag der Vorstoß durch Pannonien auf Ravenna greifbar nahe, zumindest war er denkbar. Ob er es versucht hat? Hundert Jahre vor ihm hatten schon die Kimbern und Teutonen gezeigt, dass man in der Poebene mit den Römern Katz und Maus spielen konnte, wenn man nur frech genug war. Mit einer kleinen Armee der getreuesten Gefolgsleute auf Ravenna und zur Befreiung seiner Frau und Sohn vorstoßen, ein Husarenstück wie es einem „Siegfried“ zusteht?
Mit einiger Sicherheit wird er daran gedacht haben. Falls er tatsächliche Vorbereitungen dazu traf, so wird er die Geduld seiner wackeligen markomannischen Freunde arg strapaziert haben. Denn die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Rom, insbesondere der verlustreiche pannonische Aufstand lagen erst wenige Jahre zurück und die Lust auf neue Kriege war bestimmt gebremst. Grund genug ihn nun zu ermorden?
Hier lassen uns die erhalten gebliebenen römischen Schriften im Stich, wir können nur den unsicheren Griff zum Nibelungenlied wagen. Es erzählt uns zum Tode Siegfrieds, nach Abzug der üblichen Ausschmückungen, in seinem Kern folgendes: Siegfried befindet sich mit seiner Gefolgschaft auf dem Gebiet eines benachbarten Königs der ihm halbwegs freundschaftlich verbunden ist. Dann wird er unter Verwicklung nahe stehender Personen die zum Kreise seiner Schwager gehören umgebracht. Als sein heimtückischer Tod bekannt wird, will seine treue Gefolgschaft zunächst zu den Waffen greifen, sie können aber von der Aussichtslosigkeit des Unterfangens, mitten im fremden Land, überzeugt werden. Im Gegenzug ermöglicht der ortsansässige König eine dem Status Siegfrieds angemessene Beerdigung vor Ort. Drei Tage dauern die Feierlichkeiten, wobei reichlich Grabbeigaben in seine Gruft mitgegeben werden.
Könnte es sein dass Siegfried/Arminius nahe der Donau begraben wurde, 400 Meilen entfernt von zu Hause und nur noch 400 Meilen getrennt von seiner Frau und seinem Sohn in Ravenna? Wir wissen es nicht, was wir aber wissen ist, was uns Tacitus über seinen Tod berichtet: Zunächst bittet der Chattenfürst Adgandestrus, was die Latinisierung des germanischen Namens Hadgan ist, in Rom um Gift nach, um den Arminius umzubringen. Das Gesuch wird zwar offiziell abgelehnt, ob er das Gift nicht doch bekam oder er nur anders vorging, der Chatte Hadgan jedenfalls war in das Komplott gegen Arminius verwickelt. Denkbar auch, dass es sich um genau den durch Arminius brüskierten, von Segestes auserwählten, Chattenfürsten für Thusnelda handelte. Wenig später stirbt Arminius durch die Machenschaften seiner Verwandtschaft, im Alter von nur 37 Jahren und im zwölften Jahr seiner Macht, wie uns Tacitus berichtet.
Das zwölfte Jahr seiner Macht dürfte das Jahr 21 gewesen sein, vielleicht auch etwas früher, wenn man statt von der Varusschlacht in 9 z.B. vom Einzug des Varus in 7 oder von Arminius potentieller Rückkehr aus dem pannonischen Feldzug in 8 ausgeht. Je nach dem sind also seine Lebensdaten irgendwo zwischen 16 v.Chr- 21 n.Chr. und 18 v.Chr- 19 n.Chr. anzusiedeln.
Siegfrieds Ermordung nach Nibelungen Manuscript K, 1480-1490 (Bildquelle Wikipedia.). War Arminius das Vorbild dieser urdeutschen Sagenbildung? Vieles, wenn nicht alles, spricht dafür.