Das Bildnis des Arminius, IV / IIX

Seite 4: Die Marc-Aurel-Säule


So betrachten wir einmal die folgende Szene, die sich aus dem sonst all gegenwärtigen Kampfgetümmel deutlich heraus hebt:


In dieser Szene sticht einiges heraus: Unten sehen wir eine teilentblößte Germanin mit ihrem Kind die von einem Römer, offensichtlich gegen ihren Willen, unter seine Fittiche genommen wird. Darüber ein germanisches Dorf, das offensichtlich von den Römern gehalten wird, was schon an dem Offizier und Fahnenträger im Hintergrund erkennbar ist. Aus einer Hütte heraus erhebt ein älterer Germane wütend den Arm gegen einen weiteren jüngeren Germanen, der unbehelligt von den Römern, vor selbigem Dorf steht. Dieser Germane ist offensichtlich fürstlichen Geblüts, wie an seiner noblen Kleidung zu erkennen ist. Auch zeigt er keine Angst, sondern steht den Drohungen des schreienden Dorfherrn offensichtlich selbst drohend gegenüber.

Die kleine Anekdote, die hier erzählt wird, ist leicht mit der von Tacitus beschriebenen Situation bei der Entführung der Thusnelda im Jahre 15 zur Deckung zu bringen sein.

Als Germanicus schon auf dem Rückweg von seinem Frühjahrs Feldzug gegen die Chatten war, kam ein Bote des Segestes zu ihm, mit der Bitte um Hilfe gegen Arminius, der seine Heimatburg belagerte. Germanicus kehrte also um und zog nordwärts. Segestes übergab ihm nun seine schwangere Tochter Thusnelda, die Arminius hier gerade wieder heraus hauen wollte. Der völlig überraschte Arminius kam jedoch zu spät, um seine Familie noch zu retten. Germanicus zog mit seiner Beute ab und verfrachtete alle ins römische Reich. Tacitus berichtet uns, das Arminius vor Wut und Trauer fasst wahnsinnig wurde.. Dieser kleine, aber entscheidende Sieg für alles was an Tragik später noch geschah, war letztlich auch der einzige große Erfolg des Germanicus in seinen Jahren als Feldherr gegen die Cherusker.

Was also scheint nun die Szene auf der Marc Aurel Säule zu zeigen: Segest, dessen Dorf von mehreren römischen Soldaten abgeschirmt wird, wirft dem im Vorfeld stehenden verhassten Schwiegersohn Flüche zu. Während dessen nehmen die Römer Thusnelda und Thumelicus mit, die Segest diesen bereits übergeben hat. Zwar darf man einwenden das Thusnelda bei ihrer Entführung „nur“schwanger war und das Kind auf römischen Boden gebar, allerdings ist die hier gewählte Darstellung eben sehr viel dramatischer und damit auch befriedigender für den Römer, als wenn nur eine schlecht erkennbare Schwangere dargestellt wäre. Denn auf letzteres kam es auch gar nicht an, sofern der besondere Umstand denn überhaupt allgemein bekannt war, sondern nur auf die tiefe Demütigung des Arminius. Arminius wiederum steht, obwohl offensichtlich durch den von Römern beschützten Dorfherrn heftig attackiert, völlig unbehelligt am Dorfrand und kann offensichtlich der römischer Macht entkommen. Denn keiner greift ihn an, selbst der direkt neben ihm stehende Legionäre bewegt von ihm fort und bereits in die nächste Szene hinein.

Auch wenn die Zeit den 32-jährigen und nun den 16-jährigen Krieg um rund anderthalb Jahrhunderte trennte, so dürfte aber jedem halbwegs gebildeten Römer der ursächliche Zusammenhang dieser beiden Germanenkriege bekannt gewesen sein. Grund genug sicherlich hier noch einmal zu erzählen und daran zu erinnern, warum man nun erneut zehntausende Opfer auf sich nehmen musste, um damit die germanische Gefahr „endgültig“ zu bannen.

 

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