Das Bildnis des Arminius, VII / IIX

Seite 7 : Nicht nur Arminius

Es gab auch immer wieder Büsten und Statuen die mit Arminius und seiner Verwandtschaft in Verbindung gebracht wurden.

Besonders bekannt ist hier die Statue einer Germanin, die ursprünglich aus einer nahe Rom gelegenen Villa stammt und in diese Zeit datiert, welche heute in Florenz noch zu besichtigen ist: Die „Thusnelda“ aus der Loggia dei Lanza. Der nun mögliche Quervergleich mit der Darstellung auf dem Sarkophag von Portonaccio fällt deutlich positiv aus. Tatsächlich dürfte die alte Vermutung einer römischen Darstellung der Arminiusgattin bei dieser Statue richtig gewesen sein.

Andere Vermutungen dagegen sind schwieriger zu belegen, so etwa der angebliche Kopf des Thumelicus aus dem Britischen Museum in London (Barbar vom Trajansforum, sog.Thumelicus ) oder eine angebliche Arminiusbüste (Kapitolinischen Museum zu Rom: Römische Büste eines Germanen).


Bei beiden Büsten könnte es sich durchaus um die Sprösslinge des Arminius-Clans handeln, also Thumelicus und/oder das Kind seines Bruders Flavus, den man Italicus nannte. Beide wuchsen in Rom bzw. Ravenna auf und waren sicherlich nach heutigen Sprachgebrauch „VIP's“ von allgemeinen öffentlichen Interesse. Jugendbildnisse des Arminius aber dürften sie kaum sein, denn Arminius wurde für Rom erst mit der Varusschlacht richtig interessant, und nur wirklich bedeutende Leute hatten das Geld oder so reiche Bewunderer, die sich eine solche Büste hätten leisten können.


Sicher sein können wir aber nun bei den Altersbildern des Arminius, wo wir zur Verdeutlichung noch ein wichtiges Details betrachten wollen, nämlich die auffällige Größe der Ohrmuscheln:

Deutlich erkennbar ist, dass die Ohrmuscheln sowohl vom Fürstengrab in Musov als auch beim Sarkophag von Portonaccio überdurchschnittlich groß sind, offensichtlich ein besonderes Kennzeichen der abgebildeten Person. Beim gegenüber stehenden Germanen des Bildnisses von Portonaccio dagegen sind die Ohrmuscheln von ganz normaler Größe. Keine Marotte des unbekannten Bildhauers also, sondern ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei den unabhängigen Bildnissen tatsächlich um die gleiche Person, nämlich Arminius handelt.


Natürlich liegen zwischen dem Bronzekessel und dem Sarkophag rund 170 Jahre. Für das ältere Porträt konnte Arminius noch Model gestanden haben, für das jüngere sicherlich nicht. Aber das ist wie bei so vielen antiken Büsten: So haben wir von Caesar oder Augustus und vielen anderen, Büsten und Statuen sowohl aus deren Lebenszeit, als auch aus den Jahrhunderten danach. Spätere Künstler orientierten sich dabei immer an den zahlreich vorhandenen zeitgenössischen Vorlagen. Und trotzdem ist kaum ein Porträt exakt gleich zu seinen Vorläufern. Es zeichnet den großen Künstler aus, dass er dem Porträt immer auch ein Stück seiner eigenen Vorstellung von dem Charakter des Porträtierten einmeißelt. So erscheint hier sogar das jüngere Bildnis in seiner Stimmung und Eindringlichkeit sogar noch stärker als das zeitnahe Bildnis rechts.

Aber es waren nicht nur die Römer, die ein Faible für Bildnisse großer Persönlichkeiten hatten. Auch die Germanen wollten sich „ihren“ Arminius an die Wand hängen. Solche Prunkkessel mit Büstenattaschen wie in Musov, finden sich danach als Abklatsch auch noch in weiteren Ausführungen im östlichen Germanien.

So besonders der etwa ins 2. Jhd. datierte Kessel von Lebork, auf dem Gebiet des heutigen Polens: Es ist offensichtlich eine Kopie des Kessels von Musov, allerdings in der für Germanien typischen geringeren künstlerischen Qualität. Aber auch hier ist wieder Arminius deutlich mit seinen ungewöhnlich großen Ohren gut zu erkennen, und selbst das zarte Lächeln des Originals in Musov ist deutlich wiedergegeben.

Der Fundort Lebork in Polen nun ist eine Wegstrecke von gut 1100 km nördlich von Musov in Tschechien entfernt. Die offensichtliche Nachahmung des Kessels von Musov zeigt überdeutlich, dass der Tote von Musov im gesamten Ostgermanischen Raum von aller größter Bedeutung war. Nach der ungefähren Zeitstellung des Grabes von Musov (sicher deutlich VOR 160) kommen aus dem Raum Böhmen historisch dafür aber nur zwei germanische Großfürsten von solch überregionaler Bedeutung in Frage: Marbod und Arminius. Marbod scheidet aber definitiv aus, denn diese lebte und starb in Ravenna. Somit ist damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gezeigt, dass der unbekannte Fürst von Musov tatsächlich Arminius war.


Und ebenso haben wir seine Frau „Thusnelda“ in mindestens zwei unabhängigen Bildnissen vorliegen:


Und zu guter Letzt, nicht zu vergessen, die beiden unglücklichen Randfiguren der Geschichte, deren Schicksal in einem unvergessenen, wenig geschmackvollen, und letztlich tödlichen Liebesdeal bestand, nämlich Rhamis und Sesithank:

Nun es liegt nahe, das die vier in Sagengestalt weiter gelebt haben bis in die Moderne. Nach zwei Jahrtausenden natürlich arg verzerrt, aber immer noch erkennbar. Das Schicksal der Menschen ist so vergänglich, wie die Erinnerung an sie schwindet. Manchen ist es vergönnt, dass dies nie geschieht.

 

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